Skip to main content

Datenschleuder Polizei

By 23. Juli 2021August 15th, 2021Allgemein

Just zum Beginn der neuen Bundesliga-Saison mal was neues aus dem Fanrecht. Diesmal geht es um einen Fall, in dem nicht Fans wegen vermeintlicher Verfehlungen auf der Anklagebank sitzen. Diesmal war es umgekehrt. Diesmal saß die Polizei auf der Anklagebank. Wir haben die Polizei im Namen zweier Fans verklagt und Recht bekommen.

Es ist inzwischen schon ein paar Jahre her. Nach einem Spiel des glorreichen FC Schalke 04 gab es in der Nähe des Gelsenkirchener Hauptbahnhofs eine Auseinandersetzung mit der Polizei. Dabei wurden angeblich 23 PolizistInnen verletzt. Bei 21 davon finden sich die TäterInnen allerdings in den eigenen Reihen – man wurde durch das eigene Pfefferspray verletzt.

Anschließend verlagert sich die Eskalation in Richtung einer (nicht öffentlichen) Fankneipe. Die Polizei vermutete, dass die Beteiligten an der Auseinandersetzung am Bahnhof sich in dieser Kneipe befinden. Deshalb schoß man in Kammerjäger-Manier Pfefferspray in die geschlossenen Räume, um die dort befindlichen Menschen zum Verlassen zu zwingen. Alle Besucherinnen und Besucher wurden freundlich in Empfang genommen, man legte ihnen Handfesseln an und nahm die Personalien auf. Ob man nun tatsächlich beteiligt war oder nicht – alle mussten sich dem unterziehen.

Und obwohl völlig unklar war, ob und wer tatsächlich und in welcher Form an der Auseinandersetzung beteiligt war – die Polizei reichte die Namen aller(!) festgestellten Menschen weiter an den FC Schalke. Ob das auf Bestellung des Vereins passierte, wie die Polizei behauptet oder ob es so war, dass die Polizei dies in vorauseilendem Gehorsam von sich aus angeboten hat, um die für sie einfachste Sanktion – ein Stadionverbot – zu erreichen übermittelt hat, das ließ sich nicht mehr klären. Für die Polizei ist so ein Stadionverbot eine super Sache – da reicht nämlich erstmal nur ein Verdacht, um die Betreffenden mit einem Stadionverbot zu bestrafen. Man braucht kein lästiges Gerichtsverfahren und das Beste: Ein Verdacht liegt vor, wenn die Polizei selbst einen Verdacht hat. Das einzig unbefriedigende aus Sicht der Polizei: Ein Stadionverbot selber können nur die Vereine oder der DFB verhängen. Und dazu braucht es eben die Möglichkeit der Datenübermittlung.

Jedenfalls haben wir die Gelsenkirchener Polizei verklagt und das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Aktenzeichen: 17 K 3482/16) bestätigte unsere Rechtsauffassung. In seinem Urteilstenor stellte es fest, dass die Übermittlung der Daten von der Polizei an den FC Schalke 04 rechtswidrig war. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass man sich polizeiseitig überhaupt keine Gedanken über das Interesse des betroffenen Bürgers gemacht hat. Dieser hat nämlich auch ein Geheimhaltungsinteresse und zwar -vollkommen logisch- erst recht dann, wenn er nicht den Hauch einer Straftat begangen hat, sondern nur im falschen Moment am falschen Ort Bier getrunken hat.

Natürlich ist das nur ein Einzelfall. Aber ein Fingerzeig der Justiz in Richtung Polizei ist nicht wirklich häufig, so dass dies eine wirklich erfreuliche Entscheidung ist. Und die Hoffnung stirbt ja nicht, dass man sich vielleicht demnächst ein bisschen mehr ans Recht hält.

Für alle die, die der Urteilstext interessiert – bitte schön.