Immer häufiger habe ich Schulklassen hinten im Gerichtssaal sitzen. Meistens ist der Saal dann gerammelt voll von pubertierenden Jugendlichen, bestehend zu 50% aus kichernden Mädchen und 50% aus schlafenden Jungs. Der Rest hat wirklich Interesse.
Wer meist mehr Gefallen an diesen Situationen findet, sind Richter und Staatsanwalt. Die lassen es sich fast nie nehmen, mit großem Sendungsbewußtsein lange und eindringliche Vorträge an das „ja heute mal anwesende“ Publikum zu richten, was meist eine unnötige Demontage des Angeklagten bedeutet. In der Regel haben die Angeklagten Pech, wenn eine Schulklasse hinten sitzt, denn die Bereitschaft des Gerichts, dann vernünftig zu dealen, sinkt mit der Anzahl der kichernden Mädchen hinten im Raum.
Allerdings lasse ich mir die Möglichkeit, endlich mal vor mehr Publikum zu sprechen auch nicht nehmen. Wenn ein Staatsanwalt lange Reden schwingt und sogar ausführlich Vorwürfe aufzutischen versucht, die längst eingestellt sind, dann will ich auch mal und erkläre, wie schnell es gehen kann, unschuldig verfolgt zu werden. Wie schnell es passieren kann, dass haltlose Vorwürfe dazu führen, vorne auf der Anklagebank sitzen zu müssen und die Blicke einer Schulklasse auf sich zu ziehen. Wie es halt so ist, am Pranger zu stehen.
Ob jedoch jemand zuhört?