Man kann sich schon fragen, ob Guttenberg sich beraten lässt oder alles selbst entscheidet, was er so anrichtet. Weder ein Verteidigungsminister noch ein Strafverteidiger sollten sich nämlich in eigener Sache selbst verteidigen. Von Dahs, einem bekannten Strafrechtslehrer stammt der zutreffende Satz: „Wer sich als Anwalt in eigener Sache selbst verteidigt, hat einen Narren zum Mandanten.“
Nicht anders zu erklären ist der Kurs, den Guttenberg im Augenblick fährt. Noch nachvollziehbar ist die Masche, mit der seine Parteifreunde und allen voran die Bild-Zeitung als untertänigstes Guttenberg-Medium versuchen, die Angelegenheit als Kavaliersdelikt darzustellen. „Geht ja nur um Fussnoten“ wird stets kolportiert. Hierzu haben 70 Dozenten im Magazin Der Freitag sehr zutreffend Stellung bezogen. Ein weiteres Argument findet sich im Handelsblatt, wo der Historiker Elkar sich sinngemäß so äußert, ein Verhalten, welches bei Studierenden an der Bundeswehr-Hochschule zur Degradierung und Entlassung führen kann, sollte bei dem Chef der Truppe mit mindestens diesen Maßstäben gemessen werden.
Guttenberg kann meines Erachtens, auch wenn es unter Verfassungsjuristen, derer ich keiner bin, auch andere Auffassungen gibt, nicht einfach auf den Titel verzichten. Er versucht dadurch natürlich der Prüfung seiner Arbeit zu entgehen wie jemand, der eine Klage, die er mit Pauken und Trompeten verlieren wird, noch zurückzieht, bevor ein Gericht in einer Urteilsbegründung drastische Worte findet. Nur muss vor dem Gebot ehrlicher Arbeit in der Wissenschaft dieses in einem förmlichen Verfahren geklärt werden. Der Doktortitel ist darüber hinaus Namensbestandteil und ich kann auch nicht einfach auf meinen Vornamen verzichten. Dadurch, dass Guttenberg die Universität Bayreuth nun sogar öffentlich durch seinen „Verzicht“ darum gebeten hat, eine Prüfung nicht durchzuführen, hat er der Prüfungskommission wenigstens den Druck genommen, gegen ihn entscheiden zu müssen. Zwar ist der Sachverhalt schon aufgrund der ersten Veröffentlichungen in der SZ sonnenklar, aber dennoch täte sich die Uni sicherlich schwer mit einer Sanktion. So kann sie nun mit reinem Gewissen die Arbeit als das bezeichnen, was sie ist: Ein massiver Verstoß gegen Urheberrechte. Da ist schon fast egal, wenn die Zeit in ihrer heutigen Online-Ausgabe berichtet, er habe auch den Titel viel früher als erlaubt geführt.
Auch strafrechtlich ist der Fall interessant, da Guttenberg nun mit einem Verfahren wegen des Verstoßes gegen das Urheberrecht, §§ 106 ff. UrhG rechnen muss. Es braucht für dieses Verfahren keinen Strafantrag, es reicht die Feststellung der Staatsanwaltschaft des besonderen öffentlichen Interesses an der Bestrafung, § 109 UrhG. Nur muss sich das die von der Politik weisungsgebundene Staatsanwaltschaft auch erstmal trauen. Wäre es ein (kleiner) Mandant von mir, wüsste ich, wie die Entscheidung der Staatsanwaltschaft ausfällt. Bei einem Fall, der an Prominenz nicht mehr zu überbieten ist, fällt die Prognose dahingehend schwerer aus. Absurd.
Allerdings gibt es auch für Guttenberg noch gute Nachrichten. Politisch wird er mittelfristig nicht zu halten sein. Da er bislang nur das erste juristische Staatsexamen hat, könnte er sich um das zweite Examen bemühen. Für die im Referendariat erforderliche Anwaltsstation könnte ich ihm gerne einen Platz anbieten. Für aufstrebende und ehrgeizige Ex-Verteidigungsminister haben wir immer noch was frei. Und genug Akten zu kopieren haben wir auch.