Ein Mandant wurde mit einem Haftbefehl gesucht. Er entschied sich dafür, sich nicht verhaften zu lassen, sondern unterzutauchen. Trotzdem bedeutet Untertauchen nicht, dass anwaltlicher Rat nicht mehr gebraucht wird. Im Gegenteil. Also bin ich wunschgemäß zu einem konspirativen Treffen ins Versteck des Mandanten angereist. Das Versteck war etwa 100 Kilometer von unserem Büro entfernt und wurde mir während der Fahrt beschrieben. Während der Zeit der Flucht verdingte der Mandant sich in einer KfZ-Werkstatt eines Freundes als (natürlich schwarz arbeitende) Aushilfe.
Dort angekommen erzählte er mir, dass „heute morgen fast alles aus“ gewesen wäre. Am frühen Vormittag ist ein Polizeifahrzeug vor der Werkstatt vorgefahren. Unser Flüchtling liess sich nichts anmerken, während sein Puls die 200er-Grenze überschritt. Er suchte den Weg ins Büro. Die uniformierten Polizeibeamten liessen ihn jedoch nicht aus dem Auge und folgten mehr oder weniger unauffällig ins Büro.
Dort angekommen:
„Sie sind Angestellter dieser Werkstatt?“
„Ja.“ (schluckt)
„Wir haben hier eine Mitteilung vorliegen.“
„Ja?“ (schluckt)
„In der Mitteilung heisst es….“
„Ja?“ (der Verzweiflung nahe)
„…dass hier neue Reifen für unser Fahrzeug bestellt worden sind. Können Sie die bitte aufziehen?“
„Sehr gerne.“ (in sich zusammensack)
Man muss auch mal Glück haben.