Am vergangenen Freitag endete das Spiel zwischen St.Pauli und Schalke 04 mit einem Spielabbruch kurz vor dem regulären Ende der Partie. Grund war der Wurf eines Bierbechers durch einen Zuschauer, welcher den Linienrichter (für diesen unerwartet) am Nacken traf und der dann zu Boden ging.
In der Presse heisst es inzwischen, der Becherwerfer sei ermittelt worden. Dies wundert aus zweierlei Gründen nicht. Zum einen wird er Sitznachbarn gehabt haben. Zum anderen sind Stadien in der heutigen Zeit von der Polizei so dermaßen überwacht, dass man diese Ausmaße als Stadionbesucher lieber nicht wissen will.
Für den Becherwerfer, so man denn den richtigen ermittelt hat, wird dieser Freitag Abend sehr unangenehme Folgen haben. Im Wesentlichen sind es drei Dinge, mit denen er fortan leben muss:
1. Am erträglichsten dürften noch die strafrechtlichen Konsequenzen sein. Es handelt sich zwar um eine Körperverletzung. Vermutlich wohl auch um eine vorsätzliche. Ich will den Vorsatz etwas einschränken, weil es schon ein ziemlicher „Glückstreffer“ war. Es ist schon fast unmöglich, einen vollen Bierbecher so zu werfen, daß er über diese Distanz zum einen das Bier nicht verliert und zum anderen auch noch ein Ziel trifft. Ich würde wetten, daß dies in einer Wiederholung in hundert Fällen nicht nochmal so gelingt. Aber dennoch wird man wohl sagen müssen, daß der Becherwerfer die Verletzung des Linienrichters billigend in Kauf genommen haben wird. Somit liegt Vorsatz vor, wenn auch in der untersten Stufe. Da die körperlichen Folgen für den Linienrichter sich auch in Grenzen halten dürften -der Schockschaden dürfte noch das schlimmste sein-, sollte sich eine Strafe im unteren Bereich einer Geldstrafe bewegen (UPDATE: Der Kollege Hoenig wies zurecht darauf hin, dass der Einsatz des Bechers eine „gefährliche Körperverletzung darstellen kann – somit sind wir bei einer Mindeststrafe von sechs Monaten, also ganz praktisch bei einer kleinen Bewährungsstrafe). Natürlich nur dann, wenn ein mit diesem Fall befasstes Gericht nicht populistisch urteilen wird. Aber das kann ich mir ja gar nicht vorstellen.
2. Möglicherweise schlimmer dürfte sich für den Becherwerfer ein Stadionverbot von unbekannter Dauer auswirken. Je nach dem, ob ihn dies tangiert. Für manche wäre auch das sicherlich keine schlimme Strafe – für mich wäre es schon fast eine denkbare Höchststrafe. In jedem Fall wird der Becherwerfer für lange Zeit ein Hausverbot für die Stadien der oberen Ligen erhalten.
3. Wirklich dramatisch werden für ihn die zivilrechtlichen Folgen seines Wurfs. Denn aller Erfahrung nach wird der Verein sich all das, was er nun an Kosten aufgrund des Wurfs hat, von dem Werfer als Schadensersatz zurückfordern. Schon deshalb, um nach außen zu demonstrieren, dass es sich um „die Tat eines Einzelnen“ gehandelt hat. Was im übrigen nicht richtig sein dürfte – Becherwerfer gab und gibt es überall, nur hat diesmal einer einen Volltreffer gelandet. Dennoch wird der FC St.Pauli mit erheblichen Einbußen zu rechnen haben. Eine interne Strafe an die DFL in sicher fünfstelliger Höhe wird folgen. Darüber hinaus wird es sicherlich auch ein „Geisterspiel“ ohne Zuschauer geben. Hier bleiben nicht nur enorme Erlöse aus Eintrittsgeldern aus, auch wird es einen wahnsinnigen mit hohen Kosten verbundenen Organisationsaufwand geben. Die Kosten insgesamt dürften sich auf eine sechsstellige Summe belaufen. Diese kann St.Pauli bei dem Becherwerfer geltend machen. Da diese Forderung aus einer Straftat resultiert, kann auch nicht der Weg in die Privatinsolvenz gegangen werden.
Mit anderen Worten: Dieser Bierbecherwurf kann die wirtschaftliche Existenz des Werfers in Sekunden mal so eben vernichtet haben. Diese Folgen sollten sich potentielle Wiederholungstäter besser mal vor Augen halten.
Wobei: Ein Bierbecherwurf im eigenen Sinne war es ja gar nicht. Augenzeugenberichten zufolge war nicht Bier im Becher. Sondern Astra.