Benimm ist ja mal so eine Sache. Auch die Wertschätzung der Prozeßparteien ist so was. Manchmal ist auch beides einfach Glückssache.
Es ist schon eine Weile her, da verteidigte ich gemeinsam mit einem Kollegen zwei Damen vor dem Landgericht Mönchengladbach. Die Verhandlung nahm ihren relativ normalen Verlauf; auf der Richterbank sass ein Berufsrichter und zwei Schöffen. Schöffen haben -theoretisch- die gleichen Entscheidungs- und Fragerechte wie der Berufsrichter. Sie dürfen an dem Prozeß aktiv teilnehmen, alles erfragen und am Ende in geheimer Beratung ihren Senf dazugeben. Zwei Schöffen könnten theoretisch einen Richter überstimmen. In der Praxis hingegen kann ich die Fälle an einer Hand abzählen, in denen sich der Berufsrichter erst deutlich in die eine Richtung positioniert hat und nach der Beratung eine ganz andere Entscheidung verkündete. Vermutlich sind den meisten Berufsrichtern Schöffen, die eine Meinung aktiv vertreten, ebenso lästig wie engagierte Verteidiger. Ich lasse mich jedoch immer wieder gerne eines besseren belehren.
Aber zurück zu dem Prozeß in Mönchengladbach: Mitten in der Verhandlung bimmelte ein Mobiltelefon. Alle suchten peinlich berührt den Übeltäter, der das Telefon nicht ausgeschaltet hatte. Die Töne kamen jedoch deutlich von der Richterbank: Des Schöffen Telefon klingelte. Die Reaktion hingegen war einmalig: Anstatt den Anrufer wegzudrücken, das Telefon auszuschalten und sich dafür zu entschuldigen, nahm der Schöffe das Gespräch an. Um die anderen nicht zu stören, beugte er sich unter die Bank und telefonierte. Die bösen Blicke des Berufsrichters interpretierte er dann aber leider falsch, denn anstatt nun endlich aufzuhören, wollte er nicht weiter stören, stand auf, ging nach hinten und telefonierte in einem Hinterzimmer zuende. Die Verhandlung musste leider unterbrochen werden (leider, da ich beim Weiterverhandeln ohne Schöffen einen prima Revisionsgrund gehabt hätte) und wurde mit einem Anschiss, der sich gewaschen hat, fortgesetzt. Ich muss zugeben, dass ich doch sehr schmunzeln musste.
Damit aber noch nicht genug: Einige Minuten später wurde die Tür zum Saal unter lautem Gebrüll von außen aufgestoßen und eine gefühlte Hundertschaft Uniformierter stürmte den Saal. Alle schauten irritiert – wir, die wir im Saal waren und uns wunderten genauso wie die Uniformierten, die wohl von einem Terroranschlag im Saal ausgingen. Hintergrund: Unser Schöffe hatte es sich auf seinem Stuhl so bequem gemacht, dass er mit dem Knie den Alarmknopf unter der Richterbank und somit einen behördlichen Quasi-Amoklauf auslöste.
Manchmal wird einem doch richtig was geboten. Sollte öfters so sein…