Für sozial schwache Menschen soll es einen kostengünstigen Weg zur Rechtsberatung geben. Da gibt es zum Beispiel die Prozeßkostenhilfe in bestimmten Gerichtsverfahren, die Pflichtverteidigung (die aber unabhängig vom Einkommen ist, aber dennoch die Chance bietet, unter bestimmten Voraussetzungen zunächst mal ohne zu zahlen einen Strafverteidiger zu erhalten) und die Beratungshilfe.
Beratungshilfe soll es geben für Menschen mit geringem Einkommen, wenn es um eine Sache geht, die noch nicht bei Gericht ist. Theoretisch also in jeder -frühen- Rechtsfrage. Dazu gibt es ein Gesetz, das Beratungshilfegesetz.
Praktisch ist das aber alles andere als einfach. Denn so gut die Idee, jedermann und jederfrau den Zugang zum Recht zu gewähren – vor den Zugang zum Recht hat der liebe Gott einen Beamten gesetzt: Den Rechtspfleger.
Denn möchte man Beratungshilfe in Anspruch nehmen, muss man einen Antrag stellen. Zwar nicht mehr in fünffacher Ausfertigung mit Kohlepapier-Durchschlag, aber eben einen Antrag. Ein Rechtspfleger prüft dann zunächst, ob man zu dem erlauchten Kreis derjenigen gehört, die finanziell gebeutelt genug sind. Und danach prüft er, ob einem für die bestimmte Frage Hilfe durch einen Anwalt zusteht. Man muss erstmal sein Problem diesem Rechtspfleger schildern. Der sagt dann Ja oder Nein. So wie es ihm gerade passt. Entweder bekommt man die Erlaubnis oder eine fadenscheinige Begründung, denn der Staat scheint Unsummen für die Beratungshilfe auszugeben, nicht anders ist zu erklären, dass gefühlt zwei von drei Anträgen abgelehnt werden, weil die Hilfe nicht benötigt würde.
Manchmal sind die Ablehnungsgründe geradezu boshaft. So wird in Streitigkeiten mit Behörden gerne vorgetragen, man könne sich ja kostenlos an die Behörde wenden. Fast jeder Antrag bei Problemen mit den Jobcentern wird moniert. Selbst im kompliziertesten Ausländerrecht wurde mir neulich ein Antrag abgelehnt. Die Mandanten wollten Rat bei einem zu stellenden Antrag an die Härtefallkommission des Innenministeriums, für sie die letzte und einmalige und nicht anfechtbare Chance auf ein Bleiberecht. Existenzentscheidend. Nein, keine Beratungshilfe, so der Rechtspfleger. Das Ausländeramt könne so einen Antrag auch kostenlos entgegennehmen. Das ist unfassbar lächerlich, denn wenn so ein Antrag nicht sauber gestellt wird, ist er schon von vornherein hoffnungslos. Mal sehen, wann es in Strafsachen heisst, man könne ja zunächst bei der Polizei oder beim Staatsanwalt fragen, bevor man Hilfe beim Anwalt sucht.
Stellt der Anwalt für den Mandanten einen Antrag auf Beratungshilfe, wird man seit einiger Zeit von den Rechtspflegern mit schikanösen Rückfragen behelligt. Einziger Sinn und Zweck dieser ständigen Rückfragen, manchmal drei oder mehr, ist, es den Anwälten zu vermiesen, solche Mandate (zu deren Annahme sie im Gemeininteresse verpflichtet sind) anzunehmen. Faktisch vermiesen die Rechtspfleger einem diese soziale Arbeit. Aber meine Kanzleikollegen und ich haben uns vorgenommen, uns nicht von Bürokraten von diesem wichtigen Teil der Arbeit abhalten zu lassen. Auch wenn man nach getaner Arbeit (die eigentliche Tätigkeit und die lästige, wesentlich umfangreichere Korrespondenz mit dem Rechtspfleger) nur Brosamen erhält.