Die Ereignisse um das Massenverbrechen von Breivik in Norwegen finde ich prinzipiell aus psychologischer und soziologischer Sicht wesentlich interessanter als die juristische Perspektive. Und dennoch stößt mir seit dem Tag nach der Tat übel auf, wie sich der Verteidiger von Breivik, Geir Lippestad positioniert. Dabei scheine ich mit meiner Meinung auch nicht so alleine zu sein. Man kann ihn natürlich rein menschlich verstehen. Rein fachlich allerdings nicht. Ganz offenbar will er sich mit den Statements über seinen Mandanten von der Tat öffentlich distanzieren und nicht in einen Topf mit Breivik gesteckt werden. Das braucht es aber nicht. Jeder normal denkende Mensch sollte wissen, dass der Verteidiger eine solche Tat auch nicht ansatzweise gut heisst und sie selbstverständlich verabscheut. Der Verteidiger spricht offen darüber, dass er -als Pflichtverteidiger- zunächst mit seiner Familie und Freunden über den Fall gesprochen hat und sich letztlich „für die Demokratie“ und somit dafür entschieden habe, die Verteidigung zu übernehmen. Die Entscheidung für die Demokratie ist natürlich löblich, aber bei allem Verständnis dafür, dass mögliche pöbelnde Horden und Boulevardmedien den Verteidiger eines Beschuldigten, dem ein Jahrhundertverbrechen vorgeworfen wird, als Mittäter oder Beihelfer darstellen, kann es nicht sein, dass man öffentlich seinen Mandanten beziehungsweise das Mandat in Frage stellt. Man hat einfach die Klappe zu halten, es sei denn, man ist von dem Mandanten legitimiert, sich in der Öffentlichkeit zu äußern. Das wiederum kann ich mir bei dem Bild eines Täters, der so egomanisch veranlagt zu sein scheint, kaum vorstellen. Der will im Zweifel selber seine kruden christlichfundamentalistischen, rechtsradikalen Parolen unters Volk bringen. Also hat der Verteidiger zu schweigen und nicht den Mandanten öffentlich zu brandmarken. Das werden schon alle anderen übernehmen und mutmaßlich auch nicht zu unrecht. Der Verteidiger hingegen, gerade bei einem Isolationshäftling muss seinem Mandanten gegebüber loyal sein. Er ist der einzige Ansprechpartner. Auch wenn es mit der Loyalität schwer fällt. Oder er lässt das mit der Verteidigung. Aber auch dann mag man bitte schweigen.
Sympathische Verteidigungen gibt es nämlich eher selten.