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Schmierentheater? Machtmißbrauch? Der Fall Beuth.

By 7. November 2011März 23rd, 2023Allgemein

Heute wird vor einem Hamburger Amtsgericht gegen einen Kollegen, den Hamburger Strafverteidiger Andreas Beuth, verhandelt. Was ist passiert, dass die Staatsanwaltschaft ein Mit-Organ der Rechtspflege anklagt?

Um es vorweg zu nehmen: Nichts. Beuth wird nachgesagt, ein für die Gerichte unbequemer Strafverteidiger zu sein mit einer für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte unbequemen Klientel, denn er verteidigt häufig die sogenannte „linke Szene“ und steht damit in diesen Verfahren stets den VertreterInnen der sogenannten „Staatsschutzabteilung“ der Staatsanwaltschaft gegenüber. Dabei handelt es sich um Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, die Delikte aus dem politischen motivierten Bereich schwerpunktmäßig bearbeiten.

Nun hatte er in einem Verfahren, in dem er wegen eines Körperverletzungsdelikts verteidigte, einen Polizei-Zeugen zu befragen. Diesem Zeugen hielt er dann ein mitgebrachtes Plastikteil vor und fragte, ob es so ein Teil gewesen sei, welches sein Mandant benutzt habe. Bei diesem Plastikteil handelte es sich um den Haltegriff eines sogenannten „Signalgebers“ – wohlgemerkt nur den Haltegriff ohne Abschussbecher, Zündkapsel und Munition. Die Befragung des Zeugen geht ohne Beanstandungen weiter. Im nächsten Termin wollte Beuth einen weiteren Zeugen erneut unter Vorhalt des Plastikteils befragen. Das rief auf einmal den Staatsanwalt auf den Plan, der schon im ersten Termin dabei war und nichts sagte, der Beuth nun das „Führen einer Waffe“ vorwarf, die „Waffe“ sogleich beschlagnahmte und ein Verfahren wegen des Waffenbesitzes einleitete.

Und deshalb sitzt Beuth jetzt vor Gericht. Weil er anläßlich einer üblichen Zeugenbefragung einen Plastikgegenstand präsentierte, von dem die Staatsanwaltschaft nun behauptet, es sei eine Waffe. Wie lächerlich ist denn das? So lächerlich, dass es dem Staatsanwalt in der ersten Sitzung gar nicht in den Sinn gekommen ist, hier Sorge zu haben. Offenbar erst zwischen den Terminen und mutmaßlich auf Weisung der hierarchiegeprägten Behörde Staatsanwaltschaft kam man auf die zauberhafte Idee, hier einen unliebsamen Verteidiger vorführen zu wollen. Die Waffeneigenschaft dieses Plastikteils dürfte in etwa vergleichbarsein mit dem Mitsichführen einer Glasflasche mit Mineralwasser in den hohen Gerichtsräumen.

Nein, es geht natürlich nicht um die Verfolgung eines solchen Delikts. Die Staatsanwaltschaft ist sich bewußt, welches Fass sie hier aufgemacht hat. Jedes vergleichbare Verfahren, wenn es solche denn gäbe, wäre mit einer Einstellung geendet. Dass die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl schreibt und das Amtsgericht diesen auch noch billigt, ist ein No-Go mit dem scheinbaren Ziel, eine unerwünschte, vielleicht gar lästige Person, zu bestrafen. Vordergründig für die angebliche Tat, hintergründig für unerwünschtes Verteidigungsverhalten. Das Problem dabei ist nur, dass es die Staatsanwälte sind, denen solche Methoden vorbehalten bleiben. Sie haben die Macht dazu in der Hand. Macht kann man auch mißbrauchen. Dafür braucht es ein kontrollierendes Gericht und ich kann nur hoffen, dass dieses die Kurve bekommt und hier ein Freispruch am Ende steht. Und zwar keiner, der mit „2. Klasse“ begründet wird, die es bekanntlich nicht gibt.

Tja, da denkt man in der täglichen Arbeit, zuhause sei es schon besonders nervig, aber wenn man so sieht, wozu die Hamburger in der Lage sind, dann kann man als Ruhrgebietler fast nur sagen: „Woanders ist auch scheiße…