Im Fall des norwegischen Massenmörders Breivik berichtet Spiegel Online heute, dass ein neues psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben werden soll. Zunächst waren zwei Gutachter zu dem Ergebnis gelangt, Breivik sei unzurechnungsfähig und psychisch krank. Mit Verlaub und aus der Ferne kann ich dieser Einschätzung angesichts der Taten und seines Pamphlets einiges abgewinnen.
Wollen wir uns dem ganzen aber mal rechtsstaatlich nähern: Da will ich nur hoffen, dass die vom Spiegel berichtete Motivation für das Gericht nicht stimmt. Denn die zuständige Richterin wird zitiert: Das neue Gutachten sei angesichts der weitverbreiteten Kritik an der ersten Untersuchung nötig. (Quelle: Spiegel Online)
Was ist denn das für eine Begründung? „Weitverbreitete Kritik“. Der Spruch „im Namen des Volkes“ wird ja mal etwas falsch verstanden, wenn man nur auf Druck von Medien und der Bevölkerung ein Gutachten in Auftrag gibt, damit ein bestimmtes gewünschtes Ergebnis am Ende steht. Es heisst, die Ergebnisse der ersten beiden Gutachter würden so heftig kritisiert werden, weil Breivik sich bei der Tatausführung rational verhalten hätte und ein psychisch kranker Mann zu einer solchen Tatausführung gar nicht möglich gewesen wäre. Nun, das wird den ursprünglichen Gutachtern sicherlich nicht entgangen sein und trotzdem (oder auch genau deswegen) kommen sie entgegen jeder populären Erwartungshaltung zu einem anderen Ergebnis.
Sich von populistischen Erwartungen frei zu machen ist sicherlich nicht einfach, auch und gerade, wenn man sich einer massiven Öffentlichkeit gegenüber sieht. Breiviks Anwalt hat sich eingangs des Verfahrens auch schon nicht mit Ruhm bekleckert. Dennoch sollten Juristinnen und Juristen dazu auch unter Druck in der Lage sein.