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Beratungshilferesistent

By 14. Februar 2012Allgemein

Ich möchte mal wissen, wer diese Schikaneverordnung ins Leben gerufen hat. Sozial schwache Menschen können bekanntlich Beratungshilfe in Anspruch nehmen. De facto kommen sie zum Anwalt, lassen sich beraten und weisen ihre Bedürftigkeit durch einen Bescheid über die Einkommensverhältnisse nach. Der Anwalt beantragt dann beim Amtsgericht die Beratungshilfe und wird von dort „bezahlt“.

Satte 30€ bekommt man für eine strafrechtliche Beratung, dazu nochmal 10€ vom zu Beratenden. Wahnsinn. Wenn man den Anspruch hat, ernsthaft zu beraten, dann ist das ein ganz, ganz dickes Minusgeschäft, denn Löhne, Miete, Papier etc bezahlt sich davon nicht. Aber ich will nicht meckern, Stichwort: Querfinanzierung.

Dennoch ist es ganz offensichtlich Politik der Amtsgerichte, selbst diese Almosen noch von dem Bestehen eines bürokratischen Hindernislaufs abhängig zu machen. In 90% aller Fälle kommen nämlich Nachfragen. Mal zu den Einkommensverhältnissen, mal zu dem Gegenstand der Beratung, manchmal dazu, dass der gute Mandant sich ja auch woanders günstiger hätte beraten lassen müssen (geiler Geiz und so…). Und manchmal wollen die RechtspflegerInnen anscheinend nur plaudern: So habe ich jetzt in einer kleinen Verkehrsstrafsache beraten, also mit der Mandantin gesprochen, die Akte angefordert, sie studiert, mit der Mandantin nochmal gesprochen und schließlich die Einstellung des Verfahrens vermittelt. Aber die 30€ werden mir nicht gezahlt. Denn zunächst kommt die Nachfrage der Rechtspflegerin: Nach dem Akteninhalt habe das Unfallopfer doch auf einen Strafantrag verzichtet, wieso denn dann trotzdem die Staatsanwaltschaft gegen die Mandantin ermittle? Tiiiief durchatmen erstmal. Dann mir die Frage stellen: „Ja, das frage ich mich auch.“ Mich dann zusammenreissen und überlegen, ob ich demnächst örtliche strafrechtliche Fortbildung erteilen soll.

Ich brauche nicht zu erwähnen, dass der bürokratische Aufwand, den das Gericht in fast jedem Fall betreibt, ganz sicher mehr kostet als 30€. Dahinter dürfte ebenfalls der Gedanke der Querfinanzierung stecken, denn dadurch werden mit Sicherheit etliche BeratungshilfeantragstellerInnen abgewimmelt. Es wäre auch für mich rein betriebswirtschaftlich günstiger, hier umsonst zu beraten. Aber soweit kommt’s noch. Meine Anträge bekommen sie weiterhin auf den Tisch.