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Pflichtverteidiger, Verfahren eingestellt und trotzdem Anwaltskosten zahlen?

By 1. März 2012Allgemein

Wird man einer Straftat bezichtigt und die möglichen Folgen dieses Strafverfahrens sind relativ schwer, dann hat man das Recht auf einen Pflichtverteidiger. Schlaue Angeklagte suchen sich rechtzeitig selbst einen Anwalt aus, der dann beim Gericht seine Bestellung zum Pflichtverteidiger beantragt. Nicht so schlaue Angeklagte machen gar nichts und bekommen dann einen vom Gericht ausgesucht. Nach welchen Motiven sich die Richterinnen und Richter sich ihre Gegenspieler aussuchen, ob nun nach Mitgliedschaft im selben Verein, nach der ähnlichen politischen Vorliebe, nach Sympathie oder nach Bereitschaft, sich unterzuordnen, das mag jeder für sich beantworten. Allen Fällen ist gleich: Der Staat übernimmt die Kosten für diesen Verteidiger (wobei die Kosten in der Regel nicht so hoch sind wie das, was ein Strafverteidiger üblicherweise verlangt).

Diese Kosten, die der Staat zahlt, muss man (an den Staat) zurückzahlen, wenn man rechtskräftig verurteilt worden ist. Nur dann. Dann flattert einem nach einigen Wochen eine Rechnung über die Verfahrenskosten ins Haus (Gerichtskosten, Zustellungskosten, Zeugengelder, Sachverständigenkosten etc.) und es findet sich dort auch die Summe, die der Pflichtverteidiger bekam.

Wenn man nicht verurteilt wurde, muss man das nicht bezahlen. Auch, wenn das Verfahren nur gegen eine Geldbuße eingestellt worden ist. Auch in diesem Fall trägt die Verfahrenskosten immer der Staat. Und die Pflichtverteidigerkosten sind Teil dieser Verfahrenskosten. Allein das, was man dem Anwalt vielleicht noch zusätzlich vergütet hat, muss man selbst tragen. Nicht aber die die eigentlichen Anwaltskosten (juristisch gesprochen: Die PV-Kosten sind nach Nr 9007 der Anlage zum GKG „Auslagen“, Auslagen gehören nach § 464a StPO zu den Kosten des Verfahrens und diese trägt bei Einstellung nach § 467 I StPO die Staatskasse)

Das war auch lange klar. Nun bekomme ich seit einiger Zeit in schöner Regelmäßigkeit Besuch von ehemaligen Mandanten, bei denen die Verfahren eingestellt worden sind und die trotzdem die Pflichtverteidigerkosten in Rechnung gestellt bekommen. Komisch. Glücklich sind auch hier wieder die schlauen Mandanten, die dann zum Anwalt kommen, der wiederum bei der Eintreibebehörde meckern kann. Die nicht so schlauen Mandanten (oder die mit nicht so schlauen Anwälten) zahlen dann. Mich wundert nur, dass eine Praxis, die jahrelang unproblematisch lief, auf einmal zum Problem wird. Ich werde noch eruieren, ob es da eine Dienstanweisung von oben gibt oder unten jemand einfach keine Ahnung hat.