Ist schon ein paar Tage her, da hatte ich einen recht merkwürdigen Prozess erlebt und über diesen hier gebloggt. Der Richter war überaus unentspannt und legte sich mit einigen der Zeugen, die allesamt aus der JVA vorgeführt wurden, an. Die Zeugen waren alle angenervt darüber, dass man sie aus der Haft zum Gericht transportiert und dort stundenlang in einem verkachelten und stinkenden Keller warten lässt. Der Richter zog es dann auch vor, statt die Sache noch durchzuziehen lieber rund anderthalb Stunden Mittag zu essen (oder sonstwas zu machen), um dann innerhalb weniger Minuten die restlichen Zeugen abzufertigen. Entsprechend genervt waren die Zeugen. Nicht nur die.
Ein Zeuge wagte es, den Richter zu fragen, ob’s geschmeckt hat. Der Richter wusste zu diesem Zeitpunkt schon durch die Gerichtswachtmeister, dass es im „Zeugenkeller“ zu leichten Turbulenzen ob der Wartezeit kam. Dies nahm er zum Anlass, den Zeugen lautstark (aber so was von laut) zusammenzustauchen, was dem Zeugen allerdings recht gleichgültig war. Nach der kurzen Zeugenvernehmung kam es dann noch zu einem kleinen Wortscharmützel – der Richter mit geschätzten 95 dezibel, der Zeuge mit vielleicht 25 db. Noch beim Abgeführtwerden aus der Tür schrie der Richter hinterher: „Eine Woche Ordnungshaft.“
Inzwischen habe ich die Akte zur Revisionsbegründung vorliegen. Und daraus ergibt sich: Tatsächlich hat der Richter dem Zeugen eine Woche Haft verpasst. Kaum zu glauben. Dagegen hat der Zeuge sich allerdings gewehrt und legte sofortige Beschwerde ein. Vollstreckt wurde die Ordnungshaft zwischenzeitlich schon, was die eigentliche Haft zunächst mal verlängert. Der Verteidiger des Zeugen schrieb zudem, durch diese Ordnungshaft seien geplante Therapiezeiten in Gefahr.
Das OLG Hamm war nun so weise und hob den Ordnungshaftbeschluss auf (OLG Hamm 5 Ws 355/11). Man weist darauf hin, dass wenn man als Gericht schon so verfahren und Ordnungshaft auferlegen will, sich schon selbst an die Regeln zu halten habe. Vor allem muss man einen solchen Beschluß zunächst mal androhen, damit der Betroffene sich dazu äußern kann. Ferner müssen sämtliche Vorgänge durch das Gericht sauber protokolliert werden.
Aber zu alledem hat’s nicht gereicht. Zum Glück muss man sagen, denn aus meiner bescheidenen Zuschauersicht war es jedenfalls nicht der Zeuge, der sich unrichtiger benommen hat.