Was erlauben Verwaltungsgericht Koblenz? Stichprobenkontrollen aufgrund des Aussehens einer Person sollen PolizeibeamtInnen erlaubt sein. Geklagt hatte ein deutscher Staatsangehöriger, der in einem Zug auf seine Personalpapiere hin kontrolliert wurde. Die Beamten witterten ein „Einreise- / Aufenthaltsdelikt“ und hielten den Kläger aufgrund seines Aussehens für verdächtig. Er ist nämlich schwarzer Hautfarbe. Das reichte den Beamten als Indiz.
Das Verwaltungsgericht Koblenz entschied zugunsten der Polizei. „Aus Gründen der Kapazität und Effizienz sei die Bundespolizei auf Stichprobenkontrollen beschränkt. Deswegen dürften deren Beamte die Auswahl der anzusprechenden Personen auch nach dem äußeren Erscheinungsbild vornehmen“ heisst es in dem Pressetext zur Entscheidung.
Aha.
Unterstellen wir einmal, das Gericht hat tatsächlich auch den Grundrechtsschutz der kontrollierten Person mit im Auge gehabt. Dann ist es eine aus meiner Sicht erstaunliche Güterabwägung, die die RichterInnen hier vorgenommen haben. Denn im Kern wird die rechtliche Frage zu beantworten sein, welches Interesse hier höher zu bewerten ist: Auf der einen Seite macht es aus Sicht der Polizei vielleicht Sinn, Personen aufgrund ihres Aussehens bestimmter Delikte zu verdächtigen. Sieht man mal davon ab, dass der Polizei dann die unverdächtig aussehenden Straftäter durch die Lappen gehen. Ist halt weniger Arbeit und mutmaßlich eine höhere Erfolgsquote. So macht die Arbeit mehr Spaß. Auf der anderen Seite ist das Recht derjenigen Bürger zu beachten, die nicht in ein bestimmtes nordisches Aussehensraster passen. Diese müssen sich im Sinne der Entscheidung des VG Koblenz auf regelmäßige polizeiliche Kontrollen einstellen. Damit sind sie im Sinne des Schutzbereichs des Art. 3 GG, also des Gleichheitsgrundsatzes verletzt. Es ist nun die Frage, ob diese Verletzung hinzunehmen oder unverhältnismäßig ist. Vermutlich werden die Richterinnen und Richter sich gedacht haben, dass eine Kontrolle nicht dramatisch ist. Man weist sich aus und gut ist. Erst recht, wenn „man nichts zu verbergen hat.“ (O-Ton Stammtisch). Diese Richterinnen und Richter haben aber noch nicht am eigenen Leib erlebt, wie es ist, dauernd und andauernd nur aufgrund seines Äußeren verdächtigt und kontrolliert zu werden. Gerade, weil man nichts zu verbergen hat. Eine in der Regel öffentliche Bloßstellung in Zügen, in Flughäfen, bei Grenz- und Verkehrskontrollen. Ein ständiges staatliches Mißtrauen zu spüren, das durch diese Entscheidung jetzt sogar verbrieft ist. Die Entscheidung kann gut und gerne auch so gelesen werden, dass es schon richtig ist, diese ausländisch aussehenden Leute zu verdächtigen. Ein Schulterklopfen für eine nach plumpen Äußerlichkeiten, ja geradezu rassischen Motiven handelnde Polizei. Wenn man die angebliche Effizienz des polizeilichen Handelns höher bewerten will als das ständige Kontrolliertwerden wegen des staatlichen Mißtrauens aufgrund des Aussehens, dann sollen die RichterInnen dies so bewerten. Es zeigt jedenfalls deutlich ein bestimmtes Menschenbild (in einem rot-grün regierten Bundesland, aber ja, ja, ich weiß, die Justiz ist unabhängig). Und ich kann nur hoffen, dass der Kläger sich weiter gegen diese Entscheidung zur Wehr setzt. Es geht ja nicht darum, dass nicht mehr kontrolliert werden soll, sondern, dass billigend in Kauf genommene Diskriminierungen vermieden werden. Sollen doch alle kontrolliert werden.
Die tabak- und alkoholverkaufende Industrie hat das bereits erkannt. Ich weiß nicht mehr, in welchem Verkaufszweig das war, aber irgendwo heisst es sinngemäß, dass man auch im reifer aussehenden Alter auf den Ausweis kontrolliert werden kann, damit es für die, die deutlich volljährig sind, aber noch nicht so aussehen, nicht so unangenehm ist, weil alle einer bestimmten, weit ausgeweiteten Altersgruppe kontrolliert werden sollen. Das Verwaltungsgericht Koblenz hat das nicht erkannt.