Eigentlich ist es ja eine gesetzgeberische Unverschämtheit, für Schwarzfahren Gefängnis anzudrohen. Aber so ist es leider mal: Die Vorschrift nennt sich hochtrabend „Erschleichen von Leistungen“ und droht im § 265a StGB bis zu einem Jahr Gefängnis an. Pro Schwarzfahrt. Nun sind die Mehrzahl der RichterInnen, die ich in diesen Fällen so erlebt habe, meist etwas gnädiger als sonst. Vielen ist es sichtbar unangenehm, wirklich eine Haftstrafe zu verhängen. Die Strafjustiz bringt sich durch ihre Straferhöhungs-Systematik aber selbst in eine unangenehme Situation. Diese Systematik geht so: Begeht jemand zum ersten Mal eine bestimmte (nicht besonders dramatische) Straftat, setzt es eine kleine Geldstrafe (oder sogar eine Einstellung des Verfahrens). Beim zweiten Mal wird die Geldstrafe erhöht. Beim dritten Mal wird es nochmal teurer und beim vierten Mal setzt es eine Bewährungsstrafe. Steht man zum fünften Mal vor Gericht, ist man ein sogenannter „Bewährungsversager“ (=mein Unwort des Jahrzehnts) und muss in die Kiste. Meistens wird genau so verfahren.
Nun hatte ich einen Mandanten, der satte siebzehn Mal wegen Schwarzfahrens vorbestraft war. Davon die letzten drei Male zur Bewährung ausgesetzte Haftstrafen. Er kam mit einer Anklage zu mir, Vorwurf: „Erschleichen von Leistungen“. Die letzte Strafe lautete sogar auf sechs Monate zur Bewährung und war noch nicht lange her.
Was also tun in solch einem Fall? Den Richter irgendwie überzeugen, dass so ein Mensch nicht in den Knast gehört. Und wie verhindert man, dass er zukünftig trotz hartnäckigem Schwarzfahrens wieder zum Schwarzfahrer wird? Genau: Man verdonnert ihn dazu, sich eine Monatskarte anzuschaffen. Und so wurde er erneut zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und bekam als Auflage, sich eine Monatskarte anzuschaffen und dem Gericht nachzuweisen, dass er diese tatsächlich besitzt.
Geht alles gut, haben wir ihn wirklich vor weiteren Taten bewahrt. Hätte ja auch vorher mal jemand drauf kommen können…