Die Überschrift klingt wie gemacht für einen Gangsta-Rapper-Hit von Jura studierenden Erstsemestern, trifft aber doch auf das tägliche Arbeiten zu. In der üblichen Strafverhandlung fährt der erfahrene Strafverteidiger gedanklich zweigleisig – zum einen wird natürlich in der Sache selbst versucht, den je nach Verteidigungsstrategie (möglichst milde Strafe, Einstellung, Freispruch) bestmöglichen Erfolg zu erzielen. Zum anderen muss man dafür gewappnet sein, dass gute Angriffsmöglichkeiten gegeben sind, falls das Gericht bei der eigenen Verteidigungsstrategie nicht mitspielt und eine härtere als nötige Bestrafung für erforderlich hält. Für einen ordentlichen Angriff mit der Revision bedarf es guter Revisionsgründe. Denn in der Revision wird nicht mehr geschaut, ob es „wirklich so war“, sondern ob das Urteil weitestgehend nach dem Verfahrensrecht richtig zustande kam und inhaltlich logisch ist. Gute Chancen hat also diejenige Verteidigung, in der ein Verfahrensfehler auf der Hand liegt (böse Zungen behaupten, dass manche Verteidiger sogar extra welche durch eigene Anträge provozieren – tsss).
So eine Situation hatte ich neulich schon vor Beginn der Hauptverhandlung. Ursprünglich war der Mandant mit einigen Mitbeschuldigten vor dem Amtsgericht (Abteilung Schöffengericht) angeklagt. Es wurde dort auch schon, wenn auch nur kurz, verhandelt, aber die Sitzung nach ein paar Minuten wieder ausgesetzt. Dann tat sich viele Monate gar nichts, bis auf einmal etwas überraschend ein Brief vom Landgericht mit einem neuen Aktenzeichen kam und der Mitteilung, dass die Sache nun vor dem Landgericht terminiert wurde. Nach erneuter Akteneinsicht stellte ich fest, dass es gegen einen der Mitangeklagten noch ein weiteres Verfahren vor dem Landgericht gab. Da dachte sich das Amtsgericht: Prima, dann machen wir uns weniger Arbeit, tüteten die Akte ein, Briefmarke drauf und ab zum Landgericht. Ohne einen Beschluss oder ähnliches.
Damit hat das Gericht schon einen schicken Verfahrensfehler produziert. Denn die Akten können zwar an ein höheres Gericht abgegeben werden, dazu bedarf es aber eines Beschlusses nach § 270 StPO. Den gibt es nicht und somit waren die Landrichter für diese Verhandlung gegen den Mandanten gar nicht zuständig. Eine schicke und entspannte Verfahrenssituation, denn nun konnte man aus der Verteidigung relativ hoch pokern. Denn sollte das Landgericht eine zu harte Entscheidung treffen, wäre mit hoher Chance eine Aufhebung des Urteils in der Revision zu erwarten gewesen. Und es hätte die nächste Chance gegeben in einer neuen Verhandlung gegeben (die natürlich theoretisch wieder so ausfallen kann, doch fast immer sinken die Strafhöhen nach einer gewonnenen Revision). Im konkreten Fall konnte sogar eine Einstellung erreicht werden gegen eine kleine Arbeitsauflage, womit wir vollends zufrieden waren. Der Verfahrensfehler hatte letztlich natürlich gar keinen Einfluss auf diese Entscheidung, aber dennoch verhandelt es sich merklich entspannter, wenn man nichts allzu schlimmes befürchten muss…