Beziehungstaten sind nichts außergewöhnliches. Bei den Gewaltdelikten stehen sie in meiner internen, gefühlten Statistik ganz weit oben. Fast alle Gewaltdelikte haben irgendetwas mit Beziehungsunfähigkeit und Eifersucht zu tun.
Oft sind diese Beziehungen nach einer Tat beendet. Nicht ganz selten kommt es aber auch vor, dass der oder die Verletzte wieder zum Verletzer zurückkehrt. Man fasst sich als Außenstehender dann immer an den Kopf und fragt sich „wie kann man nur“, aber als Standardrechtfertigung hört man dann stets „er ist ja eigentlich gar nicht so“ oder „ihr kennt ihn gar nicht richtig“.
Nun habe ich in der doch etwas ungewöhnlichen Konstellation verteidigt, dass das Paar nach einigen handgreiflichen Streitereien längst wieder zusammen und inzwischen sogar verlobt war, sie aber dem Verfahren noch eins drauf setzte, indem sie als Nebenklägerin auftrat. In Strafsachen macht die Staatsanwaltschaft den ganzen Job – wenn man als Geschädigter bestimmter Delikte, unter anderem Körperverletzung, möchte, kann man an dem Verfahren mit eigenen Antragsrechten selber teilnehmen, um so die Verurteilung des Angeklagten noch zu forcieren. Davon machte der weibliche Beziehungspart hier Gebrauch, wohlgemerkt, nachdem man wieder zusammen kam und es auch immer noch ist.
Beide haben ein massives Alkoholproblem und konnten bemerkenswert offen darüber sprechen. Beide versuchen, davon loszukommen und schaffen es nicht. Beide haben schon Therapien hinter sich, haben sich sogar in der Therapie kennengelernt. Es gibt Phasen längerer Trockenheit, doch wenn der oder die eine einen Rückfall hat, hat der oder die andere diesen auch kurz danach. Und im Alkohol sind es dann beide, die durchaus massiv auf einander los gehen. So hat sie eingeräumt, ihn während er seelenruhig schlief einfach mal so volles Pfund ins Gemächt getreten zu haben. Was ihn dazu veranlasste aufzuwachen und sie dann zu verhauen. Solcherlei wechselseitige Verletzungen kamen immer wieder vor. Ein Geben und Nehmen und mit ähnlichen Konsequenzen für beide. Wenn er nicht neulich ihren Ex mit einem Schlagstock krankenhausreif geschlagen (und sie en passant mit) hätte, wäre er vermutlich gar nicht erst auf der Anklagebank gelandet.
Man merkte dem Richter an, dass er als Bewährungsauflage am liebsten die dauerhafte Trennung des Pärchens ausgeurteilt hätte. Ging aber ebensowenig wie mein Vorschlag, die beiden zu einer nachhaltigen Paartherapie zu verdonnern – denn die Anklägerin mitzuverurteilen, hätte zwar Charme, geht aber nicht. Und so wurde er zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, die sie mit beantragt hatte. Anschließend zog man Händchen haltend von dannen.