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Unsere Polizei – um keine Idee verlegen

By 10. März 2016Allgemein

Wenn man als Polizist mal wieder vor einem nicht aufklärbaren Diebstahl steht, ist Kreativität gefragt. Etwa, indem man sich einen Täter herbeiphantasiert. So wie in einem Fall, der jetzt auf meinem Schreibtisch lag.

Es gab einen Diebstahl in einer Bäckerei. Dort wurden etwa tausend Euro aus der Kasse gegriffen (was mich etwas wundert – haben die meisten Bäckereien doch meistens schon um 9 Uhr morgens nichts mehr zu verkaufen). Wer es gemacht hat, das hat niemand gesehen. Erst spät viel auf, dass die Tageseinnahmen nicht mehr in der Kasse waren. Eine Bäckerin gab zu Protokoll, dass am Nachmittag zwei verdächtige Personen in der Bäckerei waren. Sie waren nämlich arabisch aussehend und der eine hatte sogar einen Motorradhelm auf. Und außerdem hätte die Bäckerin in jenem Moment kurz ihren Platz an der Theke verlassen. Vermutlich aus Angst vor den beiden jungen Männern. Die sie im Übrigen als 25 bis 30 Jahre beschreibt, der eine dick, der andere dünn. An das Gesicht gab es keine Erinnerung. Ausländer eben. Irgendwie.

Nun, da bleibt eine ganze Menge an Fragen offen, aber nicht so für unseren kreativen Polizeibeamten. Der denkt sich so: „Moment! Ausländer? 25-30 Jahre? Der eine dick, der andere dünn? Mit Helm? Das können doch nur Abdul A. (*) und Bekim B. (*) (*=Namen von der Redaktion verändert) gewesen sein. Die haben doch schon mal was mit Helm geklaut.“ Dachte es und schrieb es in die Akte. Fall gelöst.

Fall gelöst? Noch nicht, denn erst musste ja die Bäckerin noch die beiden Täter identifizieren; also diejenigen, die sie nicht erkannt hat. Sie wurde zur Polizei zitiert und bekam acht Fotos vorgelegt. Sechs virtuelle Gesichter plus Abdul plus Bekim. Ich wette, jeder hätte die beiden nicht-virtuellen Personen ohne weiteres ad hoc identifizieren können. Aber nicht die Bäckerin. Sie erkannte keinen.

Fall also doch nicht gelöst? Ach was. Noch eine Portion Kreativermittlung oben drauf und zum nächsten Versuch ansetzen. Helfen wir der Bäckerin etwas nach und zeigen ihr nur noch die beiden Fotos von Abdul und Bekim. „Na? Na, sind das die beiden? Das sind sie doch gewiss, oder?“ Und jetzt das happy end – plötzlich war sich die Bäckerin zu 90% sicher, dass das die beiden Täter waren. Der sah unter dem Helm bestimmt so aus.

Fall also doch gelöst. Kompliment! Wie wäre es als nächstem Schritt mit einer Hausdurchsuchung? Dafür braucht man nur einen Antrag des Staatsanwalts und einen Ermittlungsrichter, der diesen Antrag stempelt sorgfältig bescheidet. Aber hier endet leider die Erfolgsgeschichte unseres kreativen Polizisten. Der Staatsanwalt wollte nicht mitmachen. Die „Beweise“ waren ihm zu wenig. Zumindest für eine Hausdurchsuchung. Immerhin.

Ich bin mal gespannt, wie man auf die Dienstaufsichtsbeschwerde wegen solcher Amateurermittlungen und Zeugenbeeinflussungen reagiert.

 

P.S. Ich war auch mal Opfer einer Straftat, da wurde ähnlich katastrophal ermittelt. Kann man hier nachlesen.